Der
Naturjodel
in
der
Schweiz
ist
hauptsächlich
in
alpinen
und
voralpinen
Gebieten
der
Alpennordseite
verbreitet:
In
der
Ostschweiz
mit
Appenzell
und
Toggenburg,
im
Berner
Oberland,
im
Emmental,
in
der
Zentralschweiz
mit
Schwyz,
Ob-
und
Nidwalden
und dem Entlebuch.
«JODELN» - WAS HEISST DAS?
Unter
jodeln
verstehen
wir
das
textlose
Singen
auf
klingenden
Silben.
Eine
weitere
Charakteristik
ist
das
schnelle
Wechseln
von
der
Brust-
zur
Kopfstimme
(Falsett)
und
umgekehrt,
in
Jodlerkreisen
als
Kehlkopfschlag
bekannt.
Damit
ist
es
möglich,
grosse
Intervalle
(Tonsprünge)
zu
singen,
wie
man
sie
im
Bereich
des
abendländischen
Kunstgesanges
gewöhnlich
für
unsingbar
erachtete.
Heute
weiss
man,
dass
diese
spezielle
Art
des
Gesanges
nicht
nur
in
den
Voralpengebieten
Europas
vorkommt,
wie
man
lange
angenommen
hat.
Rund
um
die
Erde,
in
unterschiedlichen
Völkern
und
Kulturen
findet
man
diese
jodelähnliche
Singart,
besonders
auffällig
bei
«Urvölkern»
in
Zentralafrika
und
in
Ozeanien.
Und
immer
übt
sie
eine
eigene
Faszination
aus.
Der
Psychoanalytiker
Claus-Dieter
Rath
hat
aufgezeigt,
dass
zwischen
jodeln
und
psychologischen
Vorgängen
enge
Beziehungen
bestehen.
Vielfach
schon
hat
man
daher
versucht,
den
Ursprung
des
Jodels
zu
ergründen.
Musikforscher
stellten
verschiedene
Hypothesen
auf,
einige
sind
nachvollziehbar,
andere
wurden
später
widerlegt,
doch
bei
einer
These
ist
man
sich
einig:
Es
ist
das
ureigene
Bedürfnis
eines
Menschen,
seiner
Gemütsverfassung
Ausdruck
zu
geben.
Spielende
Kleinkinder,
sogar
schon
Säuglinge
zeigen
in
freier
Improvisation
ihr
Wohlbefinden
mit
spontanen
«Lala-Melodien».
Im
weitern
nimmt
man
heute
an,
dass
zur
Melodiebildung
beim
Jodel
auch
religiös-magische
Vorstellungen
beigetragen
haben.
Denken
wir
dabei
an
den
Betruf
auf
unsern
Alpen
oder
an
alte
liturgische
Gesänge.
DER NATURJODEL - KEIN STARRES BRAUCHTUM
Man
spricht
beim
textlosen
Gesang
von
«Naturjodel»,
um
ihn
vom
«Jodellied»
zu
unterscheiden,
das
im
Anschluss
an
den
Textteil
auch
einen
Jodel
als
Refrain
aufweist.
Aus
Aufzeichnungen
wissen
wir,
dass
die
Naturjodel
ursprünglich
nur
ein-
oder
zweiteilig
waren.
Zudem
hatten
die
Jodel
ausgeprägte,
regionale
Merkmale.
Man
konnte
früher
einen
Naturjodel
einem
eng
begrenzten
Gebiet,
oft
sogar
einem
einzelnen
Jodler
zuordnen.
Durch
die
Verbreitung
des
Jodelgutes
in
den
Medien
und
auf
Tonträgern
ist
heute
eine
klare Zuordnung in vielen Fällen nicht mehr möglich.
Löbliche
Ausnahmen
sind
die
«Muotathaler-Jüüzli»,
aber
auch
die
«Zäuerli»
und
«Rugguserli»
der
Appenzeller.
Die
Einflüsse
der
verschiedenen
Musikstile,
die
täglich
unser
Ohr
berieseln,
nimmt
auch
ein
Jodler
unbewusst
auf.
So
passen
sich
Neukompositionen
unserer
Lebensweise
an,
sie
sind
immer
auch
eine
Art
Gegenwartsmusik.
Das
zeigt
sich
in
der
grossen
Vielfalt
der
Naturjodel.
Diese
reicht
von
der
überlieferten,
einfachen
Jodelmelodie
bis
hin
zur
«moderneren»
Komposition.
Das
neuere
Naturjodelgut
sprengt
vielfach
den
althergebrachten
Rahmen.
Die
Naturjodel
sind
meistens
drei-
oder
vierteilig,
die
Melodik
ist
reichhaltiger,
die
Rhythmik
abwechslungsreicher,
oft
zügiger
das
Grundtempo
und
man
hört
gar
Modulationen
in
andere
Tonarten.
So
hat
jede
Zeit
ihre
schöpferischen.
Talente,
Jodler
und
Jodlerinnen,
die
beseelt
sind
von
einem
inneren
Drang,
neue
Melodien zu ersinnen.
NATURJODEL - RENAISSANCE
Noch
vor
gut
einem
Jahrzehnt,
im
Sog
eines
ungestümen
Fortschrittsglaubens
in
vielen
Lebensbereichen,
wurde
alles
«Althergebrachte»
-
auch
das
Jodeln
-
fast
mitleidig
belächelt.
In
jüngster
Zeit
erfährt
der
Naturjodel
eine
Renaissance.
Man
besinnt
sich
gerne
wieder
auf
Grundwerte
wie
Echtheit,
Einfachheit
und
hat
dabei
den
musikalischen
Wert
im
Naturjodel
erkannt.
Neben
verschiedenen
Doktorarbeiten,
in
denen
Jodeln
thematisiert
wird,
befassen
sich
heute
Studenten
in
ihren
Diplomarbeiten
mit
dem
«Jodeln».
Es
sind
interessante,
lesenswerte
und
gut
dokumentierte
Beiträge
von
jungen
Leuten,
die
nicht
unbedingt
in
Jodlerkreisen
aufgewachsen
sind.
So
gilt
für
uns:
«Nicht
die
Asche
bewahren,
sondern
das
Feuer
weiter
geben.»
Es
ist
für
uns
Ob-
und
Nidwaldner
Jodler
eine
vornehme
und
dankbare
Aufgabe,
das
altbewährte
Volks
Kulturgut
«Naturjodel»
zu
übernehmen
und
weiter
zu
geben.
Besondern
Wert
ist
auf
die
überlieferte,
lebendige
und
abwechslungsreiche
Vokalisation
zu
legen,
die
aus
unserem
Dialekt
heraus
wächst
und
eine
unverwechselbare
Interpretation
ermöglicht.
Daneben
gilt
es
Neues
zu
schaffen
aus
einem
echten,
inneren
Bedürfnis
heraus.
Wenn
die
Interpreten
mit
frohem
Gemüt,
ungezwungen
und
lustvoll
jodeln,
übt
das
eine
oft
unerklärbare
Faszination
beim
Zuhörer
aus,
die
er
als
Bereicherung
empfindet
-
ganz
im
Gegensatz
zum
Show-Jodeln,
das
eher
befremdend
und
unecht
wirkt.
Hoffen
und
wünschen
wir,
dass
wir
noch
an
vielen
Konzerten und Festen echte Naturjodel-Weisen erleben können
Was sich so lange halten konnte und immer noch
im Trend ist, wird auch eine Zukunft haben!
Edi Gasser